Untersuchungshaft

Unzweifelhaft ist die Anordnung der Untersuchungshaft der intensivste Eingriff in das Leben eines Beschuldigten und seiner Angehörigen. Der Theorie nach gilt die in der Menschenrechtskonvention verbürgte Unschuldsvermutung, in der Praxis wird nach wie vor zu schnell und zu viel verhaftet.

Der Erlass eines Haftbefehls setzt dringenden Tatverdacht und einen Haftgrund voraus. Haftgründe sind Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr.

Die Verteidigung hat in Fällen vollzogener Untersuchungshaft nachdrücklich auf allen Ebenen gegenzusteuern.

In Kenntnis der Ermittlungsakte ist der meist vorläufigen Annahme des dringenden Tatverdachts durch die Ermittlungsbehörden durch Argumentation, Beweisanträge und gegebenenfalls eigene Ermittlungen zu begegnen.

In 90 % aller Fälle wird – vorschnell – der Haftgrund der Fluchtgefahr angenommen. Angesichts der Straferwartung – so wird argumentiert – werde der Beschuldigte sich dem Verfahren entziehen wollen. Die Verteidigung muss hier die Straferwartung relativieren, d.h. entlastende Momente für den Beschuldigten geltend machen. Andererseits sind die oft nicht oder schlecht ermittelten sozialen Bindungen des Beschuldigten aktenkundig zu machen, um zumindest eine Verschonung von der U-Haft zu erreichen, wobei die Auswahl des richtigen Rechtsbehelfs (mündliche Haftprüfung oder Haftbeschwerde) taktisches Geschick erfordert.

Lässt sich der Vollzug der U-Haft – vorerst – nicht verhindern, muss sich die Verteidigung auf die Ausgestaltung der Haftbedingungen konzentrieren. In erster Linie umfasst dies die Sicherstellung von regelmäßigen Besuchskontakten mit Angehörigen, die in aller Regel mit der Situation überfordert sind.